Emerson Boozer

Das vergessene Idol

Es ist Sonntag der 29. November 2015 im MetLife Stadium. Ein Mann betritt nach vielen Jahren wieder das Footballfeld der Franchise, für die er seine gesamte Karriere spielte. Es ist eine Art Heimkehr, auch wenn er selbst natürlich nie in diesem Stadion auflief. An diesem Sonntag soll er, zusammen mit seinem kongenialer Backfieldpartner, für ihre Karriere- und Lebensleistungen ausgezeichnet werden; noch ein Mal ihre Namen von den frenetisch feiernden Jets Fans von der Tribüne hören. Denn heute werden beide Mitglieder des New York Jets Ring Of Honor. Der Eine, Matt Snell, fehlt jedoch. Aber dies soll nicht Snells Geschichte sein, sondern die Emerson Boozers, der da ist, wenn die Jets ihn brauchen, oder nach ihm verlangen. So wie heute, so wie damals, so wie immer. Oder, es sollte seine sein…

Das Spiel befindet sich im 2. Quarter, der Spielstand ist 0:0. Und es ist nicht irgendein Spiel in diesem Januar 1969, es ist der Super Bowl. Über die linke Feldseite kämpft sich Matt Snell in die Endzone, 7:0 Jets. Snell und seine Mitspieler laufen feiernd Richtung Sideline. Einer dieser Mitspieler ist Emerson Boozer, der zuvor mit größtem Einsatz und zusammen mit Winston Hill den Weg für Snell freiblockte. Snells Statistik am Ende des Spiels: 30 Runs für 121 Yards und einen Touchdown. Emerson Boozers Statistik? 10 Runs für 19 Yards. Eins zeigt sich: Boozers Leistungen lassen sich nicht ausschließlich an seinen Stats festmachen, die die Bogen füllen. Er war der Mann, der sich auch für die „Drecksarbeit“ nicht zu schade war, damit andere strahlen können. Er beschwerte sich nie darüber, und am Ende dieses Tages erhielt er einen Super Bowl Titel als Belohnung. Bis es jedoch zu diesem so erfolgreichen Tag in Boozers Karriere kam, sollte es ein Weg mit aufs und abs werden.

Die Geschichte von Emerson Boozer und den Jets beginnt mit dem AFL Draft am 27. November 1966, in dem er in Runde 6 als 46. Pick ausgewählt wird. Boozer, der am 4. Juli 1943 in Augusta, Georgia, geboren wurde, konnte zuvor bereits auf dem Maryland Eastern Shore College überzeugen, für das er insgesamt für 2537 Yards und 22 Touchdowns lief. Und auch für die Jets sollte sich diese Auswahl als absoluter Glücksgriff erweisen. Generell muss man sagen, dass die Jets Mitte bis Ende der 60er Jahre ein unglaubliches Näschen hatten, was ihre Rookieauswahl betrifft. Aber zurück zur Geschichte von Emerson Boozer.
In seiner ersten Saison musste er sich seinen Startplatz gegen Bill Mathis erkämpfen, was er aufgrund seiner exzellenten Blocking Arbeit, die ihn über seine gesamte Karriere auszeichnete, auch gelang. Dieses gute Blocking hatte aber auch seine Schattenseiten, denn wegen eben dieses wurde er auch häufig zum Blocken für Snell eingesetzt, wodurch er die besagten Statsheets nicht mit alles überragenden Zahlen füllen konnte, und deswegen in der Nachbetrachtung häufig zu kurz kommt. So konnte Boozer in keiner seiner 10 Saison für die Jets für mehr als 853 Yards laufen. Und dennoch, Boozer war einer der spektakulärsten und besten Runner seiner Zeit. Exemplarisch dafür steht die zweite Saison 1967, in der er nur 6 Spiele aktiv spielen konnte, in diesen aber für 442 Yards und 10 (!!!) Touchdowns lief, sowie 3 fing, bevor er sich eine schwere Knieverletzung zuzog, die ihn über seine restliche Karriere einschränkte und die gesamte Saison beendete.

Zum Vergleich, in der letzten Saison hätten 13 Touchdowns für Platz drei, hinter Todd Gurley und Alvin Kamara gereicht. Seine gesamte Karriere über blieb Boozer ein Redzone Monster und eine Tochdown Maschine. Nach 10 Saisons standen insgesamt 5135 Rushing Yards (bei 4 Yards im Schnitt), 52 Touchdowns, sowie 12 Receiving Touchdowns in seinen Büchern. In den Annalen der Jets reichen seine Rushing Yards für den dritten Platz, die Rushing Touchdowns sogar für den 2. und alle Touchdowns zusammen für Rang 3. Seine persönlichen Ehrungen können sich auch sehen lassen. 2facher AFL All-Star, All AFL, AFL Rushing Touchdown Leader 1967, Super Bowl Sieger, College Football Hall of Fame und, seit dem besagten 29. November Mitglied es New York Jets Ring of Honor.

Und dennoch, erzählt man die Geschichte von Emerson Boozer, kommt man nicht um Matt Snell umher, der immer mehr im Rampenlicht stand als der stille, loyale und für alle Aufgaben zu habende Emerson Boozer. So auch an jenem Novembertag, an dem Snell durch seine Abwesenheit über allem stand. Aber auch darüber hat sich Boozer nie beschwert. Emerson war und ist immer ein loyaler Teamplayer gewesen, der den Erfolg der Mannschaft immer über seinen eigenen stellte. Hiervon können sich die Profis der heutigen Generation ruhig eine Scheibe abschneiden. Schaut man sich als Beispiel das RB-Duo in Atlanta an, wo Coleman und Freeman die letzten Jahre als Tandem wohl am konstantesten Leistung gezeigt haben – Kamara und Ingram außen vor, da gibt es erst eine gemeinsame Saison – erkennt man, dass hier bereits ein Jahr vor Vertragsende die Planung beginnt, wo Coleman seinen ersten großen Vertrag unterschreibt. Hierbei sind sich alle einig, dass dieser nicht in Atlanta sein wird.

Wir können also nur stolz sein, dass wir in unserer Franchise einen so loyalen, bodenständigen und hochtalentierten Spieler – nein, ein solches Familienmitglied – hatten und haben, der zusammen mit Matt Snell eines der wohl besten RB Duos aller Zeiten bildete. Emerson Boozer, ein echter Titan of New York.

-Felix