Freeman McNeil
der fehlende Held
Es ist der 22. April 1993. Einen Tag vor seinem 34. Geburtstag verkündet Freeman McNeil, welcher zu diesem Zeitpunkt der Alltime Lead Rusher der Jets ist, seinen Abschied vom aktiven Football. In 12 Saisons erzielte McNeil 8.074 Rush Yards bei einem Karriereschnitt von 4.5 Yards pro Run.
Zum Vergleich, ein gewisser LaDainian Tomlinson hat über seine HoF Karriere einen Schnitt von 4.3 Yards per Carry erreicht. Aber McNeil war nicht nur ein Changer auf dem Spielfeld, er beeinflusste den Football auch maßgeblich abseits des Feldes.
Denn: McNeil war einer der führenden Spieler, die dafür verantwortlich waren, dass die Free Agency in der NFL grundlegend geändert wurde – ohne selbst davon zu profitieren. Vor der Saison 1993 war es den Franchises möglich, bis zu 37 Spieler zu protecten. Diese konnten dann nicht mit anderen Teams verhandeln, also ähnlich wie beim heutigen Franchise Tag. Durch seinen Rücktritt vor der 93er Saison, kam es aber für McNeil nie zu Verhandlungen mit anderen Franchises, und verbrachte seine gesamte Karriere als Spieler der Jets.
Sein Flug als Jet begann nach dem 81er Draft, in dem die Jets McNeil an Position drei auswählten. Zuvor spielte er an der UCLA, an der er zwei Mal in die All-Pacific-10 Conference Auswahl gewählt wurde. Man kann also durchaus von einer bis dato erfolgreichen Footballkarriere sprechen, vor allem wenn man bedenkt, dass McNeil erst mit 15 zum Football gekommen ist.
McNeil hattenämlich alles andere als eine unbeschwerte Kindheit. Geboren am 22. April 1959 in Jackson, Mississippi, verlor er bereits im Alter von 7 Jahren seinen Vater. Ein schwerer Schlag für den jungen McNeil, der später sagen sollte, dass er als Kind keine Helden gehabt habe, denn sein einziger Held starb als er sieben gewesen ist.
Dennoch hatte sein Vater großen Anteil daran, dass Freeman seinen Weg zum Football fand. Während seiner Teenagerjahre musste McNeil viel arbeiten, um Geld für seine Mutter und seine drei Geschwister – 2 Brüder und eine Schwester – hinzuzuverdienen. Er arbeitete unter anderem als Hot Dog Verkäufer und Müll Recycler. In seiner Freizeit spielte er gerne und oft auf der Straße Basketball. Außerdem arbeitete er für einen Onkel auf einem Auto-Schrottplatz.
Eben jener Onkel zeigte ihm im Alter von 15 Jahren ein Bild McNeils Vaters, auf dem dieser in Footballausrüstung zu sehen ist. Zuvor weigerte Freeman sich immer zu Trainingscamps zu fahren, da alle anderen Kinder mit ihren Vätern auftauchten. Aber dieses Bild änderte alles für ihn, er wollte in die Fußstapfen seines Vaters treten. Auch die Wahl seiner Nummer geht auf den Vater McNeils zurück. Dieser trug die 22. McNeil stellte sich vor, dass sein Großvater die 20 getragen haben mochte, und entschied sich so für die 24 – die logische Folge der Zahlenreihe. Wie heißt es so schön, der Rest ist Geschichte.
Bevor er auf die UCLA wechselte, spielte McNeil erfolgreich für die Banning High School in Los Angeles.
Aber zurück zu seinem Jets-Flug.
In seiner ersten Saison ließ McNeil bereits sein außerordentliches Talent regelmäßig aufblitzen. Nachdem er zu Anfang der Saison vor allem als Pace Changer eingesetzt wurde, erarbeitete er sich im Laufe der Saison den Stammplatz im Backfield. Als Resultat konnte McNeil nach einer Saison auf 623 NFL-Rush Yards bei einem Schnitt von 4,55 Yards pro Run zurückblicken, sowie 2 Touchdowns in der Endzone bejubeln. Beide Touchdowns erzielte er in Woche 8 beim Sieg über Baltimore.
Seinen absoluten Durchbruch feierte McNeil aber bereits in seiner zweiten NFL Saison. In nur 9 Spielen legte er 786 Rush Yards, bei einem Schnitt von 5,21 Yards per Carry, auf. Noch beeindruckender ist diese Leistung, sieht man sich die Konstanz während dieser Saison an. In nur 2 dieser 9 Spiele war sein Schnitt schlechter als 4 Yards per Carry. Zusätzlich erlief McNeil noch 6 Rushing Touchdowns. Und auch den Playoffs drückte er seinen Stempel auf. So hatte McNeil maßgeblichen Anteil an den Siegen über Cincinnati und Los Angeles. Grade gegen Cincinnati überragte McNeil mit 201 Rush Yards und einem Touchdown. Leider war man gegen Miami beim 0:14 chancenlos, auch weil McNeil einen schwarzen Tag erwischte. Am Ende standen dennoch seine erste Pro Bowl Nominierung, sowie die Ernennung zum All-Pro.
Zur Saison 83 drafteten die Jets einen weiteren, talentierten Running Back. In Runde zwei holte man Johnny Hector, der über die nächsten Jahre in Symbiose mit McNeil das „Two Headed Monster“ der Jets bilden sollte. Bis zur 1990er Saison sollten beide gemeinsam in jeder Saison über 1000 Rush Yards auflegen, bevor kleinere und größere Verletzungen beide in ihrer Leistung hemmten. Ihre wohl beste Saison spielten sie gemeinsam 1985, in denen sie über 2000 Rush Yards erreichen – 1331 davon gingen auf McNeils Konto. Generell lässt sich die Verbindung beider als perfekte Symbiose bezeichnen. McNeil fungierte als Vorbereiter, Hector als Vollstrecker.
Sinnbildlich hierfür ist die 87er Saison. McNeil lief hierbei in limitierter Spielzeit für 530 Yards, ohne einen Touchdown zu erzielen. Hector hingegen? Er spielte in zwei Spielen mehr, lief für 430 Yards und sage und schreibe 11 Touchdowns, mit denen er die gesamte Liga anführte. Und auch in der anschließenden 88er Saison war zu sehen, wer den „Riecher“ für die Endzone hatte. McNeil erreichte 944 Rush Yards bei 6 Touchdowns, während Hector bei nur 561 Yards ganze 10 Mal die Endzone besuchte. Beide bildeten zu dieser Zeit das wohl beste RB Duo der NFL.
Leider ging es nach dieser Saison mit McNeil stätig bergab, da sein Körper von den harten Jahren des Profifootballs bereits arg in Mitleidenschaft gezogen worden war. In den nächsten 4 Jahren sollte McNeil nur noch in 13 Spielen als Starter spielfähig sein, dennoch blitzten seine Fähigkeiten immer wieder auf. In seiner letzten Saison hatte er beispielsweise nur 43 Carries für 170 Yards, bei einem Schnitt von 4,0 YPC. Das führte dazu, dass McNeil es geschafft hat, bei seinem Rücktritt in jeder Saison mindestens 4,0 YPC aufzulegen.
Seine Karrierestatistiken und Auszeichnungen:
8074 Rush Yards, 2961 Receiving Yards
38 Rush Touchdowns, 12 Receiving Touchdowns
3 Mal Pro Bowl (82, 84 und 85)
3 Mal All Pro (82, 84 und 85)
Rushing Leader 1982
New York Jets Ring of Honor
McNeil lebt heute noch in New York auf Long Island, zusammen mit seiner Frau Rosaria, mit der er zwei Söhne hat.
Ob er für diese ein Held ist? Es ist zu hoffen, denn wie viel ihm der Verlust seines Vaters ausmachte, zeigt ein späteres Interview McNeils, in dem er sagt, dass er immer wieder darüber nachdachte, wie es wäre, wenn sein Vater ihn auf dem Trainingsgelände besuchen könnte. Vor allem wenn er Tony Paige, Kenny O´Brien oder Mark Gastineau mit ihren Vätern sah, stellte er sich diese Frage. Er habe zwar einen Stiefvater, den er liebe, aber sein Held war sein „erster Vater“.
Es wäre nur gerecht, wenn seine eigenen Söhne ihn so sehen würden. Für die NFL-Spieler, die nun die Vorzüge der Free Agency nutzen können, sollte er sowohl Game Changer, als auch Held sein.
Freeman McNeil, ein Titan of New York, der viel bewegte, der dafür allerdings zu selten gewürdigt wird.
Vielen Dank fürs Lesen!
-Felix