Auch der Scouting Circuit der NFL bleibt von Corona nicht unberührt. Nachdem ja schon im Vorjahr der Draft virtuell stattfinden musste, wird dieses Jahr auch der ganze Weg dorthin ein anderes Gesicht haben als üblich. So wird der Combine nicht in seiner gewohnten Form stattfinden, sondern stark abgeschwächt und größtenteils virtuell. Somit bekommt der alljährliche Senior Bowl, der am kommenden Samstag gespielt wird, und die dazugehörige Trainingswoche der Prospects in Mobile eine größere Bedeutung als ohnehin schon. Anders als das East West Shrine Game, das normalerweise eine Woche zuvor stattfindet, und der Combine, findet der Senior Bowl 2021 in der normalen, jährlichen Form statt. Hier haben die Organisatoren um den ehemaligen NFL Scout Jim Nagy einen herausragenden Job gemacht.

So sind auch in diesem Jahr die NFL Teams mit der vollen Kapelle an Scouts, GMs und Coaches anwesend, um die Prospects zu begutachten. In diesem Jahr sind auch deutlich mehr Spieler vor Ort also sonst. Nicht zuletzt, da einige davon in ihrem letztem Collegejahr gar nicht auf dem Rasen waren und hier nun ihre Chance sehen, nochmal die Werbetrommel für die eigenen Fähigkeiten zu rühren. Ebenfalls neu ist die namentliche Einordnung der Spieler. Gab es die letzten Jahre immer ein North und ein South Team, worin die Spieler nach Lage ihrer Colleges einsortiert waren, heißen die Mannschaften dieses Jahr – analog zur NFL – American und National Team. Hiermit soll eine ausgeglichene Verteilung des Talents im Training gewährleistet werden. Schon in den letzten Jahren waren mit Namen wie Justin Herbert, Daniel Jones oder Javon Kinlaw Top 10 Talente in Mobile anwesend und auch in diesem Jahr gibt es Spieler, die zurecht erwarten können, ihren Namen unter den ersten zehn Spielern beim Draft hören zu dürfen. WR De’Vonta Smith zum Beispiel wird fast jedem NFL Fan schon ein Begriff sein. 

Auch die Jets haben unter Joe Douglas Spieler vom Senior Bowl ins Team geholt. Im vergangenen Jahr waren das Denzel Mims, Braden Mann, Lamar Jackson, Jabari Zuniga und La’Mical Perine. Es lohnt sich also, die Namen aus dem diesjährigen Squad für die nächsten Monate im Kopf zu behalten. 

Die Coaching Staffs bestehen auch dieses Jahr wieder aus tatsächlichen NFL Staffs, die im Vorjahr ihr Team nicht in die Playoffs führen konnten, ihren Job aber behalten durften. So wird das National Team von Matt Rhule und seinen Panthers Kollegen betreut und die American Mannschaft von Dolphins Head Coach Brian Flores. Es gilt durchaus als Vorteil für diese beiden Coaches, da sie die Spieler selbst hautnah erleben und trainieren durften. Nicht selten wurden Spieler im Draft dann von den Coaches ausgewählt, die sie auch beim Senior Bowl gecoached haben, wenn sie mit ihnen eine gute Bindung im Training aufbauen konnten. Andersrum kann es aber natürlich auch dazu führen, dass der jeweilige Head Coach den Spieler als schlecht zu coachen oder generell als nicht so talentiert einstuft und er damit vom Draftboard des Teams verschwindet. Die meisten Scouts legen deshalb großen Wert auf die Trainingswoche, wo die Spieler das erste Mal von NFL Coaches angewiesen werden, ein NFL Playbook vor die Nase gesetzt bekommen und dann direkt damit positiv auffallen sollen. Hier gibt es jedes Jahr Spieler, die die ganze Woche im Training besonders herausstechen und die NFL Beobachter, die häufig schon vor dem eigentlichen Spiel wieder abreisen, überzeugen können. Zwei Spieler, die dabei besonders aufgefallen sind, möchte ich euch hier kurz vorstellen.

Der erste war die Woche über DER Spieler, der die meiste Aufmerksamkeit erhalten hat: Offensive Guard Quinn Meinerz von Wisconsin-Whitewater. Woher? Keine Sorge, falls ihr das College noch nie gehört habt. Das ging auch einigen erfahreneren Scouts so. Es handelt sich hierbei um ein Divison III College, also eine der untersten Ligen, von wo nur sehr wenige Spieler den Sprung in die NFL schaffen. Beim Senior Bowl macht man aber einen guten Job, ab und an Seniors aus den Niederungen zu finden und ihnen die Chance zu geben, gegen die Top Guns Erfahrungen zu sammeln und sich zu beweisen. Gerade in der Offensive Line waren da schon ein paar Diamanten dabei. Im letzten Jahr war das Ben Bartch vom St. Johns College, der dann von den Jaguars in der vierten Runde ausgewählt wurde. Ein paar Jahre vorher Ali Marpet, der inzwischen einer der besten Guards der NFL in Tampa Bay ist und seinen Weg vom Division III College Hobart über den Senior Bowl in den Draft schaffte. Meinerz könnte sich da durchaus einreihen. 

Seine Analyse: