Matt Snell

„Aaaand he may goooo …. he´s in there…“, es ist der 12. Januar 1969 im Orange Bowl in Miami, zweites Quarter, und die Nummer 41 der Jets kämpft sich über die linke Seite des Feldes mit größtem Einsatz und für 4 Yards in die Endzone, Touchdown Jets, 7:0 Führung im größten Spiel, das ein Spieler in seiner Karriere bestreiten darf. Allein einen Touchdown in einem Super Bowl für die Sieger zu erzielen – sei es für 1 Yard, 4 Yards oder 65 Yards – sichert einem einen Platz in den Analen seiner Mannschaft und macht ihn unsterblich. Es sollte zwar kein weiterer Touchdown folgen, was Matt Snell an jenem Tag jedoch auf den Rasen in Miami zauberte war ganz großer Sport. Er lief bei 30 Versuchen für für 121 Yards und erzielte den einzigen Touchdown des Tages. Aber nicht nur das, zusätzlich fing er auch 4 Pässe für insgesamt 40 Yards, was für die zweitmeisten Receptions und Yards aller Jets Spieler an diesem Tag reichte; und das in einer Zeit, in der Running Backs äußerst selten im Passspiel eingesetzt wurden. Ein weiterer Hinweis, wie außergewöhnlich dieser Stat war: Willie Richardson, bester Receiver der Baltimore Colts an diesem Tag, verzeichnete 6 Catches für 58 Yards. Matt Snell war ohne Frage einer der besten Spieler auf dem Feld, wenn nicht sogar der Beste. Für den Titel des MVP sollte es trotzdem nicht reichen, obwohl diese Auszeichnung wohl jeder verstanden hätte….

Flash Forward, Sonntag, 29. November 2015, Met Life New York: In einer feierlichen Zeremonie soll Matt Snell und seinem kongenialen Backfield-Partner Emerson Boozer die Ehre zuteilwerden, in den New York Jets Ring of Honor aufgenommen zu werden. Von der ehemaligen Nummer 41 der Jets fehlt jedoch jede Spur. Am Mittwoch vor der Zeremonie sagt Snell einem Reporter, dass er damit und den Jets nichts mehr zu tun haben möchte, und dass sie lieber über Emerson schreiben sollen, damit dieser den Tag genießen könne. Wie konnte es zu einem solch großem Zerwürfnis zwischen einem der verdientesten Spieler der Jets und dem Verein kommen, dass Matt Snell selbst zu einer solchen Zeremonie nicht kommen wollte?

Flash Back, 30. November 1964, AFL Draft, New York: Mit dem 3. Pick im Draft der AFL 1964 wählen die New York Jets Matt Snell, Fullback / Running Back, Ohio State. Snell, der am 18. August 1941 geboren ist, steht im Alter von 23 Jahren vor seiner ersten schwierigen Entscheidung als Profisportler. Denn der Draft 1964 zwischen NFL und AFL findet getrennt statt, und Snell wird im NFL Draft ebenfalls ausgewählt. In Runde vier, als insgesamt 49. Pick, und das auch noch vom Stadtrivalen der Jets, den Giants. Für welche Stadt er zukünftig auflaufen wird steht also fest, die Frage ist nur, ob er in Grün oder in Blau spielt, und die NFL gilt als sportlich bessere Liga zu jener Zeit. Dennoch fällt die Wahl Snells auf die Gang Green. Alle Sportromantiker, die als Begründung so etwas erwarten, wie eine Begründung der Entscheidung in Form von: „Die Jets haben mich bereits in der ersten Runde gewählt, das Vertrauen in mich ist dort größer“, oder: „Es war immer ein Traum von mir für die Jets zu spielen“ o.Ä. werden enttäuscht sein. Denn es war keineswegs eine Gewissens- oder Passionsentscheidung, die den Weg Matt Snells zu unserer geliebten Franchise ebnete. Es war – wie sollte es anders sein – das liebe Geld. In einem späteren Interview erklärte Snell, das Offer Sheet der Jets wäre das Vierfache von dem gewesen, was die Giants ihm anboten. Die einen mögen das verwerflich finden, andere nachvollziehbar, sei´s drum. So oder so erhielten die Jets einen unglaublich flexiblen Spieler, der in der Carle Place Highschool vor allem Right Halfback spielte. In den drei Jahren, in denen er für die Ohio State University spielte, wurde er sogar als Right Halfback UND Defensive End eingesetzt, und wurde in seinem Senior Year sogar zum MVP des Teams ernannt. Ohio State wählte ihn im Jahr 2000 sogar ins Ohio State Football All Century Team – wohlgemerkt als Defensive End! Die Jets bekamen also einen unglaublich vielversprechenden Spieler. Und dieses Versprechen hielt Snell bereits in seiner ersten Saison. Gegen die Houston Oilers stellte er im ersten Jahr direkt einen neuen Franchise Rekord für Rushing Yards in einem Spiel auf; nämlich 180 Yards. Am Ende der Saison 1964 hatte er insgesamt 948 Rushing Yards gesammelt – bei einem Schnitt von 4.4 Yards pro Run -, denen er als Running Back noch 393 Receiving Yards hinzufügte. Folgerichtig wurde er sowohl zum AFL All-Star gewählt, ins Second-Team All-AFL berufen und zum AFL Rookie of the Year ernannt. In der 1965er Saison konnte er seinen Schnitt sogar auf 4,5 Yards pro Lauf steigern. Kleinere Blessuren limitierten allerdings seine Anzahl an Rushes, wodurch Snell die Saison „nur“ mit 763 Yards abschloss und auch nur in zwei von dreizehn Spielen die 100 Yard Marke erreichte. Der Trend, welcher sich bereits 1965 abzeichnete, hielt auch 1966 an. Snells Rushing Yards sanken auf 644 Yards; aber nicht nur das, auch die Yards pro Run brachen auf 3,6 Yards ein, was statistisch der zweitschlechteste Wert in der gesamten Karriere Snells bedeutet. Den Höhepunkt dieser Entwicklung bildete der 9. Spieltag in Buffalo, an dem Snell bei 12 Versuchen für 19 (!) Yards lief, was einen Schnitt von 1,58 Yards pro Lauf ergibt. Hoffnung machten jedoch die letzten beiden Saisonspiele, in denen Snell jeweils über 100 Yards lief und das mit einem Schnitt von 5,67 bzw. 5,64 Yards, sowie die Tatsache, dass Snell das Jahr mit 346 Receiving Yards abschloss – somit hatte er in seinen ersten drei Jahren jedes Mal mehr als 250 Receiving Yards erreicht; in zwei von drei Saison waren es sogar mehr als 300! Die Saison 1967 ist schnell zusammengefasst. Nach einem vielversprechenden Start in Buffalo, gegen die Snell 95 Yards bei 19 Versuchen auflegte, viel er bis zum 9. Spieltag aus. Insgesamt kam Snell so nur auf 7 Saisonspiele und verzeichnete Career Lows in allen Statistiken: 207 Rush Yards, 3,4 Yards pro Rush und nur 54 Receiving Yards.

Es folgte die legändere Super Bowl Saison der Jets. Bereits die Regular Season war ein auf und ab für Snell. So folgte auf eine desaströse 23 Yard Rush Performance bei 10 Versuchen ein Spiel mit 12 Versuchen für 124 Yards, und umgekehrt. Am Ende der Regular Season sollten jedoch trotzdem vorzeigbare 747 Rush Yards bei einem Average von 4,1 Yard pro Rush, und 105 Receiving Yards in Snells Statistikbogen stehen. In den Playoffs war dann – trotz der über die gesamte Saison andauernde Knieprobleme – Verlass auf die Nummer 41. Zeigte er im AFL Championship Game gegen Oakland noch eine solide Leistung (71 Yards bei 19 Versuchen), avancierte Snell im Super Bowl wie oben beschrieben zum wichtigsten Spieler und Sieggaranten, da er nicht nur den einzigen Touchdown des Tages erzielte, sondern auch drei Field Goals der Jets direkt durch Läufe „vorbereitete“. Aus diesem Grund sahen viele Betrachter auch Snell als MVP des Super Bowls, spielte Namath an jenem Tag doch ein eher durchschnittliches Spiel, wurde aber dennoch zum MVP ernannt. Der Super Bowl Sieg der Jets in der Saison 1968 leitete dann auch gleichzeitig das Ende der Karriere von Matt Snell ein. Die Anschlusssaison 69 war die letzte, in der Snell alle 14 Spiele bestreiten konnte. Dennoch war hier schon ein Rückgang seiner sportlichen Leistungsfähigkeit zu erahnen. Snell schloss die Saison mit 695 Rush Yards (3,6 Average) und 187 Receiving Yards ab. In der Saison 1970 konnte Snell verletzungsbedingt nur 3 Spiele spielen, in denen er immerhin für 281 Yards und 4,4 Yards pro Run lief. Snell stand zwar noch bis einschließlich der Saison 1972 unter Vertrag, absolvierte in den letzten beiden Spielzeiten allerdings kein Spiel mehr, und gab sein Karriereende bekannt. Die Bilanz nach 9 Jahren und effektiven 6,5 Saisons:

86 Spiele, 4285 Rushing Yards, 4,1 Yard pro Run, 24 Rush Touchdowns, 193 Receptions, 1375 Receiving Yards und 7 Receiving Touchdowns. Noch eindrucksvoller werden diese Werte wenn man die folgenden Statistiken hört: Matt Snell war in: 5 Saisons unter den Top Ten Rushing Yards; 5 Mal in den Top Ten der Rushing Touchdowns und auch 3 Mal in den Top Ten bei Receptions (!)

Seine persönlichen Auszeichnungen?

AFL Rookie of the Year 3 Mal Second-Team All-AFL 1 Mal First-Team All-AFL 3 Mal AFL All-Star Super Bowl Champion New York Jets Ring of Honor

Die einzige Frage die bleib ist die, wie es zu einer solchen Kluft zwischen Snell und den Jets gekommen ist. Hierzu gibt es verschiedene Theorien, da Snell allerdings schweigt kennt man die Wahrheit nicht. Einige Mitspieler äußerten die Vermutung, dass es eine Abmachung zwischen dem damaligen Jets Owner Leon Hess gegeben habe, nach der Snell nach seiner aktiven Zeit ein Posten bei den Jets, oder in der Firma Hess´ – hier gehen die Versionen auseinander – zugesichert worden wäre, er diesen aber nie erhalten habe. Eine weitere Theorie besagt, Snell, inzwischen Normalverdiener, habe nach dem Umzug der Jets ins Met Life Stadium eine Rabattierung seiner Dauerkarten erbeten, von einem „einfachen“ Jets Mitarbeiter allerdings nur ein „nein“ als Antwort bekommen und habe deswegen mit der Jets Führung gebrochen.

Woran es auch liegen mag, es bleibt zu hoffen, dass dieser Zwist irgendwann aus der Welt geschafft wird und der verlorene Sohn – ähnlich wie im biblischen Gleichnis – zurückkehrt, und es wäre eine Schande, wenn diese Geschichte kein Happy End finden würde. Denn Matt Snell hat nicht nur den Jets ihren einzigen Super Bowl Sieg (mit-)ermöglicht, er hat auch die Position des Fullback / Running Back revolutioniert und ist trotz aller Unstimmigkeiten ein echter Titan of New York, der zurecht in den New York Jets Ring of Honor aufgenommen wurde!

– Felix